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USA unter der Brücke

Aus Gründen, die ich selbst zu verantworten hatte, ergab es sich zwei Firmen nach dem schon öfters erwähnten Forschungszentrum, daß die Entscheidung für einen Konferenzbesuch etwas mehr als eine Woche vor der Konferenz getroffen wurde. Und diese Konferenz war natürlich etwas weiter weg, nämlich in Monteray, Kalifornien.

Ich warf nur einen sehr kurzen Blick in den Flugplan am Internet. Bei zwei Fluglinien bekam ich die Antwort, daß es für meinen Reisewunsch keine verfügbaren Verbindungen gäbe. Ich war sehr froh, daß ich die Organisation meiner Reise in bewährte Hände geben konnte. Der gute Geist unserer Abteilung, kurz Bea, kümmerte sich darum.

Bea war einfach genial, sie organisiere alles, und ich war sehr froh darüber, weil ich zu der Zeit auf einer Messe, stehen mußte. Sie meldete mich für die Konferenz an, trieb einen Flug auf, das heißt eigentlich eine ganze Flugroute, fand in dem wegen der Konferenz restlos ausgebuchten Monterey noch ein Zimmer für mich, und hatte nur Probleme mit dem Rückflug. Sie teilte mir mit, daß ich bei der Rückreise eine Nacht in New York bleiben müßte. Das war mir so unangenehm, daß ich sie bat, gleich drei Nächte daraus zu machen.

Weil Bea die Reise derart kurzfristig organisieren mußte, und das Hotelzimmer wirklich zwischenzeitlich zu einem Problem wurde, witzelte sie immer wieder herum, daß sie mir ihren Schlafsack borgen würde, wenn es garnicht anders ginge. Das wurde schon zu einem running Gag zwischen uns, jedes Mal wenn wir uns sahen, sagte entweder sie, daß sie bereits den Schlafsack bereit gelegt hätte, oder ich fragte sie, wo denn der Schlafsack sei.

Zwei Tage vor der Abreise bekam ich die Reiseunterlagen, und vorsichtig, wie ich nun einmal bin, sah ich sie mir auch genauer an. Da bin ich etwas erschrocken. Mein Zimmer war für die Dauer der Konferenz reserviert, aber ich kam ja am Vorabend, das heißt genauer in der Nacht davor etwa um Mitternacht an. Für diese erste Nacht hatte ich kein Zimmer.

Ich ging also zu Bea, und fragte diesmal etws ernster, wo denn der Schlafsack sei. Als ich ihr zeigte, was denn mit der Zimmerreservíerung passiert ist, wurde sie doch etwas blaß. So war es doch nicht gedacht. Das war allerdings der Punkt, wo ich mein Glück, und vor allem die Organisation meiner Schlafmöglichkeit für die erste Nacht lieber selbst in die Hand nehmen wollte.

Ich rief daher selbst bei dem für mich vorgesehenen Inn an, und das war auch sehr gut so. Das ich einen Tag früher ankommen würde, war Überhaupt kein Problem, aber aus Erfahrung in den Staaten ließ ich mir extra noch bestätigen, daß ich spät ankommen würde. Viele amerikanische Hotels vergeben reservierte Zimmer, wenn man nicht vor einem bestimmten Zeitpunkt, meist etwa 18:00, ankommt, oder eben „late arival“ bestätigt hat.

Ich staunte nicht schlecht, was ich dann hörte. Um diese Zeit sei die Reception natürlich nicht mehr besetzt, aber ich bekäme das Zimmer mit der Nummer 7, und mein Schlüssel würde unter der Türmatte liegen. Ich hatte doch ein etwas flaues Gefühl, als ich mich verabschiedete. Ob das klappen würde?

Die Reiseroute selbst war eigentlich nicht allzu aufregend. Ich sollte von Wien nach New York, JFK, von dort nach Los Angeles und dann weiter nach Monteray fliegen. Gesamte Reisezeit etwas weniger als einen vollen Tag. Ich ließ mir schon in Wien alle Bording-Cards geben, und stieg ganz ruhig etwa um l0:00 in Wien in den AUA-Flieger nach New York.

In New York, JFK hatte ich planmäßig etwa drei Stunden Zeit vor meinem Weiterflug nach Los Angeles. Daher irritierte es mich noch nicht allzu sehr, als wir etwa mit einer Stunde Verspätung landeten. War wohl der Wind etwas ungünstig. Langweilig, und doch etwas spannender wurde es, als wir etwa eine Stunde benötigten, um mit dem Flieger von der Landebahn zum Gate zu kommen.

Am Flughafen war aufgrund leichten Regens so viel los, daß die Flugzeuge am Boden fast keinen Platz mehr hatten, und daher nicht weiter kamen. Das hieß aber für mich, daß ich für die Einreise-Formalitäten und den Weg zum Anschlußgate eine knappe Stunde Zeit hatte.

Wer schon einmal in die Vereinigten Staaten eingereist ist, weiß, daß das nicht ganz trivial ist. Selbst wenn man kein Visum benötigt, muß man bereits im Flugzeug eine Einreisekarte ausfüllen, auf der man neben diversen persönlichen Daten auch bestätigt, daß man nicht vor hat, den Präsidenten zu ermorden. Mit dieser Karte und einer zweiten für den Zoll steht man dann in einer langen Schlange. Bereits in der Schlange kontrollieren Helfer, ob man die Karte auch wirklich richtig ausgefüllt hat, damit die wirkliche Abfertigung auch nicht zu lange dauert. Anders als zum Beispiel in Wien sitzen dort aber etwa zehn oder mehr Grenzbeamte nebeneinander.

Ohne ausführliche Englischkenntnisse ist es durchaus schwierig einzureisen. Insbesondere, wenn man offensichtlich der erste österreichische Staatsbürger mit neuem EÚ-Paß ist, den dieser Grenzbeamte gesehen hat. Ich wurde ausgefragt, wie ein Verbrecher. „Wieso haben Sie einen neuen Paß?“ - „Weil der alte nicht mehr verlängert wurde.“ - „Wieso wurde der alte nicht mehr verlängert?“ - „Weil wir jetzt neue Paßformulare bekommen haben.“ - „Wieso haben Sie jetzt neue Paßformulare?“ - „Weil der Paß kleiner gemacht wurde, und neue Sicherheitsvorkehrungen dazugekommen sind.“ - „Aha.“ Der Beamte betrachtete meinen Paß von allen Seiten, unter anderem mit Lupe und unter UV-Licht, und gab sich dann endlich mit den Worten „Ja, der hat wirklich mehr Sicherheitsvorkehrungen.“ zufrieden, und ließ mich einreisen. Zwanzig Minuten vor Abflug meines Anschlusses.

Zwanzig Minuten sind nicht wirklich viel für einen Flughafen der Größenordnung des JFKs in New York, aber ich hatte Glück. Das Gate des Anschlußfluges war am Nebenterminal, und man konnte es relativ leicht durch einen unterirdischen Gang erreichen. Ich kam hin, als Boarding begann, und konnte, da ich mir ja bereits in Wien die Board-Karte ausstellen hatte lassen, gleich problemlos einsteigen. Der Flug würde zwar etwa sechs Stunden dauern, aber in Los Angeles hatte ich etwas mehr als eine Stunde Zeit für meinen Anschluß, und das ist für amerikanische Verhältnisse für einen Inlandsanschluß mehr als genug. Auch, wenn es sich bei dem Anschluß um den letzten Flug des Tages zu diesem Ziel handelte.

Ich wurde allerdings etwas nervöser, als das Flugzeug nicht und nicht vom Gate zurückschob, und der Pilot nach etwa 20 Minuten verlauten ließ, daß aufgrund des regen Verkehrs am Boden derzeit kein Weg zur Startbahn frei sei. Mit etwas mehr als einer halben Stunde Verspätung schoben wir vom Gate weg, um dann noch über 30 Minuten bis zum Abheben zu brauchen. Mein Buffer, den ich für Los Angeles zum Umsteigen hatte, war bereits vor dem Abflug weg. Ich konnte nur noch hoffen, daß wir etwas schneller flogen, oder ich würde in Los Angeles stranden. Und das wäre vor allem deswegen sehr ungut gewesen, als gerade am ersten Tag der Konferenz die besten Voträge waren, und die würde ich verpassen.

Trotzdem war ich im Flieger innerlich so ruhig, daß ich mich über mich selbst nur wunderte. Aber jetzt konnte ich auch nichts mehr ändern, und aufregen mußte ich mich erst, wenn ich den Anschluß wirklich nicht bekam.

Ich hatte wieder Glück. Wir landeten in LA zehn Minuten vor Planabflug meines Anschlusses, und der Anschluß war am Nebengate. Ich konnte also von einer Maschine der Größenordnung MD-l0, so mit acht Sitzen pro Reihe in einen fliegenden Schulbus umsteigen. Drei Sitze pro Reihe und etwa zehn Reihen. Schon ein bißchen ein Unterschied.

Jetzt wurde mir auch klar, warum mich das Bodenpersonal beim Gate so komisch angeschaut hatte. Ich versuche immer einen Gangplatz zu bekommen, und hatte für den letzten Flug dieser Route eine Boarding-Card mit einem Platz A. Platz A ist immer ein Fensterplatz, und ich fragte am Gate, ob man diesen Platz nicht auf einen Gangplatz ändern könnte. Daß in diesem Flieger Platz A sowohl Fenster- als auch Gangplatz war, konnte ich ja wirklich nicht ahnen.

Endlich im letzten Flugzeug meiner Route konnte mir nun wirklich nichts mehr passieren, die Reise war nun wohl erledigt, dachte ich zumindest. Ich wunderte mich auch noch nicht, als ich auf einem Flughafen der Größenordnung Innsbruck landete, bei dem schon fast alles dunkel war. Offensichtlich kam ich im letzten Flieger dieses Tages an.

Ich wartete auf mein Gepäck, und ging vor den Flughafen, dort hin, wo. gewöhnlich die Taxis warten, aber es wartete keines. Die wenigen anderen Fluggäste hatten mir entweder die letzten Taxis weggeschnappt, wurden abgeholt, oder fuhren mit dem eigenen Auto, nur ich stand ohne Transportmittel da.

Ein Auto mit Fahrer stand da ein paar Meter weg, und der Fahrer kam auf mich zu. Er fragte ob ich Herr sowieso sei, wobei sowieso eindeutig ein fernöstlicher Namen war. Das ich das nicht wirklich sein konnte, sollte ihm eigentlich klar sein, aber ich ergriff sicherheitshalber die Chance am Schopf. Wenn er seinen Fahrgast nicht fände, solle er mich in die Stadt bringen. Ich hatte das dritte Mal an diesem langen Tag Glück, der Fahrer fand seinen Gast nicht, und brachte mich ins Hotel. Das mit dem Schlüssel unter der Fußmatte klappte auch, und ich war sehr froh, als ich endlich ins Bett fallen konnte.

Der Rest des Aufenthalts in Monterey war relativ unspektakulär. Täglich von 09:00 in der Früh bis zehn oder zwölf in der Nacht Vorträge und Fachdiskussionen, zwischendurch rasch mal was essen, und an einem freien Tag, den ich mir eingeplant hatte, etwas Sight-Seeing. Was für mich noch außergewöhnlich war, war, daß ich die Ration an Meeresgetier von zwei Jahren in einer Woche aß. Ich fand ein tolles Restaurant, wo es hervorragende Schrimps gab, und in drei Besuchen dort aß ich ungefähr soviel Meeresgetier, wie sonst in zwei Jahren. Ich bin kein wirklicher Fan davon, aber dort war es einfach toll.

Die Rückreise wurde noch etwas spannend. Daß ich Musical-Fan bin, ist aus anderen Erzählungen schon herausgekommen, und wenn ich schon mal in New York vorbeikommen, dann muß ich mir dort auch Musicals anschauen. Ich hatte bereits von Wien aus über das Internet Karten gekauft, eine davon gleich am Tag meiner Ankunft in New York. Planankunft mit dem Flugzeug aus Los Angeles war kurz nach l8:00 und die Vorstellung begann um 20:00. Das sollte sich wohl ausgehen.

Nach etwa acht Tagen anstrengendster Konferenz war mein Rückflug von Monterey nach Los Angeles um kurz nach acht in der Früh. Das bedeutete wirklich fast mitten in der Nacht aufstehen. Dafür hatte ich in LA dann fast fünf Stunden Aufenthalt. Jetzt brauchte ich sie wirklich nicht, beim Hinflug wären sie praktisch gewesen. Danach sechs Stunden Flug, in denen wegen der Zeitverschiebung zwischen West- und Ostküste neun Stunden vergangen, und eine relativ pünktliche Landung am JFK. Diesmal dauerte es auch nicht lange, bis wir beim Gate waren.

Wegen der ausgesprochen schlechten Ausschilderung war der Koffer etwas schwer zu finden, aber mit dem Taxi, daß sich auch auftreiben ließ, fuhr ich direkt ins Hotel. Fast eine Stunde dauerte die Fahrt. Nachdem ich dann eingecheckt hatte, und meine Sachen auf das Zimmer gebracht hatte, ging ich nochmals zur Rezeption, um nach dem Weg zum Theater zu fragen. Der Rezeptionist fragte mich nach der Beginnzeit der Vorstellung, und schaute dann so komisch auf die Uhr. Ich sollte mich doch vielleicht beeilen, immerhin mußte ich noch ein Stück mit der U-Bahn fahren.

Ich erreichte das Theater und bekam meine Karten noch wenige Minuten vor Beginn. Nur dann war ich etwas verwundert. Eigentlich handelte es sich nicht um ein richtiges Theater, sondern um einen Saal in einem riesigen Hotel. Als ich nach den Toiletten fragte, wurde ich einfach zu denen des Hotels geschickt. Das ist dort halt so. Gesuchte Räumlichkeiten konnte ich gerade noch besuchen, bevor ich meinen Sitz erreichte, als das Stück begann.

Nach einem solchen Tag kann die Aufführung sicher noch so gut sein, es war etwas schwer für mich, wirklich locker und entspannt zuzuschauen. Das Stück war „Forever Tango“, gigantischer Tango-Tanz und -Musik. Ich liebe es Tango zu sehen und hören, aber über zwei Stunden in einem durch,... Ich war doch etwas gestreßt. Die weiteren Musicals besuchte ich deutlich entspannter.

Mittlerweile kann ich Musicals in Wien mit denen in London und New York vergleichen. Mit den wiener Aufführungen habe ich meist ein Problem, weil die Übersetzungen auf Deutsch in der Regel eher holprig sind. Und was ich in New York gesehen habe möchte ich zwar nicht missen, und ich würde bei Gelegenheit jederzeit sofort wieder Musicals dort besuchen, aber es war mir wirklich schon zu perfekt. Der Spaß, wie ihn die Schauspieler in London noch zu haben scheinen, kommt wegen der meiner Meinung nach zu weit getriebenen Perfektion nicht mehr herüber.

Der restliche Aufenthalt war eher touristisch, und ebenso wie der Rückflug ereignislos.

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23.08.2008 19:27