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Brasilien und der unfähigste Reiseleiter aller Zeiten

Ich bin alles andere als ein Fan von Kälte. Alles unter plus 10° im Schatten ist tiefster Frost für mich. Ich bin also nicht wirklich für österreichische Winter geeignet. Daher kommt es mir sehr zu Gute, wenn der Winter durch einen Urlaub im Warmen unterbrochen wird. Für so einen Winterunterbrechungsurlaub reisten meine Frau Birgit und ich nach Brasilien. (Siehe auch Der Osten im Westen)

Zu dieser Reise entschlossen wir uns relativ kurzfristig, und nahmen einfach, was über blieb. Vorgabe an unseren Betreuer im Reisebüro waren die Zeit (Schulweihnachtsferien) und warm. Wir buchten Forteleza in Brasilien mit einem abschließenden dreitägigen Ausflug nach Rio de Janeiro.

Die Anreise war lang, mühsam und ereignislos. Die Anlage entsprach in ungefähr einem von 10 Punkten dem, was im Prospekt stand. So fehlten zum Beispiel die Möglichkeiten für Wasserschi und Jetski. Ein Punkt jedoch stimmte, und das war der Ultralight-Flieger, den es wirklich gab, und der dann insbesondere um die Mittagszeit, wenn man Siesta halten wollte, als Fliegender Rasenmäher die Anlage Überkreiste. Mittags war ich davon nie begeistert, aber als ich selbst eine Runde mit diesem Ding mit flog, gefiel es mir schon. Die anderen eingesetzten Rasenmäher, die Schafe hatten auch gewisse Nebeneffekte in Form von Abfallprodukten.

Unsere Beschwerden ob der Mängel der Hobelanlage störten unseren Reísebetreuer vor Ort überhaupt nicht. Ebenso wenig irritierte es ihn, daß er keinerlei Rundreisen und genau einen Ausflug anbieten konnte. Ein Abendausflug auf den Vergnügungsstrand eines benachbarten Orts. Total sinnlos, aber da es das einzige war, und man auch etwas Land und Leute sehen wollte, machte ihn ein jeder.

Land und Leute sahen wir aber noch genug im Hotel. Es stellte sich nämlich heraus, daß wir in einem Nobelhotel der brasilianischen oberen l0.000 waren, die sich dort so richtig auslassen konnten, weil sie unter sich waren, und dies auch taten. Wir waren bestenfalls geduldet.

Das zeigte sich auch zu Silvester. Wir mußten bereits bei der Buchung der Reìse einen Aufschlag für das Sílvesterdinner zahlen. Vor Ort wollte man uns nochmals daf'ür Geld abknöpfen, von allen Österreichern waren aber nur zwei bereit, dies zu zahlen, und bereuten es nachher, weil es das Geld nicht wert war.

Die restlichen Österreicher bestanden zunächst darauf, das Silvesterdìnner zu bekommen, für das sie zu Hause bereits gezahlt hatten, später gab man sich bescheidener, und bestand nur mehr darauf, überhaupt Essen zu bekommen. Oh Wunder, der Reisebetreuer trieb ein paar Snacks auf. Toller Silvesterabend, aber wir machten uns unseren Spaß selbst.

Wir lernten auf dieser Reise ein Ehepaar kennen, mit denen wír uns immer noch sehr gut verstehen, und in der Folge auch andere Reisen unternahmen (Siehe Eurodísney mit Kindern). Und wenn man sích gut versteht, und Spaß haben möchte, dann_braucht mm weder Sylvester, noch ein gutes Dinner, sondern höchstens etwas zum Trinken. Wir hatten mehrere lustige Abende.

Was ich ìn Forteleza das erste Mal gesehen habe, waren Glasgefäße, die mit verschiedenfärbigem Sand so gefüllt werden, daß sich an der Außenseite Motive ergeben. Die Gegend, wo dieser Sand in den unterschiedlichsten Farben abgebaut wird, und wie diese Bilder hergestellt wurden, hat mich wirklich fasziniert.

Nach etwa l0 Tagen hatten wir unsere Weiterreise nach Rio. Das Paar, das wir kennen gelernt hatten, wollte dies noch nachbuchen, bekam aber keinen Platz mehr. Wir waren die einzigen. Wir sollten um 11:00 nachts abgeholt und zum Flughafen gebracht werden und mußten natürlich unser Zimmer bereits am Vormittag räumen. Wir konnten aber unsere Sachen unterstellen. Sìcherheitshalber fragte ich bereits ein paar Tage vorher unseren Reisebetreuer, ob seine Kollegen in Rio auch wirklich wüßten, daß wir mit genau dieser Maschine kämen, und ließ mir die Telefonnummer der lokalen Betreuung in Río geben. Ich muß es gerochen haben.

Wir kamen mitten in der Nacht zu einem Inlandsflughafen, der im Prinzip nur aus einem Dach auf ein paar Säulen, ein paar Sesseln und so etwas wie Check-Ins bestand. Er erfüllte jedoch seine Aufgabe. Was wir erst im Flieger bemerkten war, daß wir in so einem richtigen City-Hopper saßen. Nie wirklich mehr als 50 Minuten in der Luft, dafür von Forteleza nach Rio mindestens 4 Zwischenlandungen. Bei einer bekam noch ein Fluggast einen Kreislaufzusammenbruch und ein Flughafenmediziner mußte unterstützend eingreifen.

Nach durchwachter Nacht und Zeitverschiebung kamen wir etwa um 05:00 Lokalzeit in Rio an. Wir gingen beim Tor hinaus und hielten Ausschau nach einem Schild unserer Reisegesellschaft oder mit unserem Namen. Nichts.

Gut, auch ein Reiseleiter kann sich mal verspäten, oder bei einem anderen Ausgang stehen. Ich bat Birgit auf einem Kofferwagerl sitzend auf unser Gepäck aufzupassen, und ging so nach einer halben Stunde mal eine Runde durch den Flughafen. Nichts. Nach einer weiteren halben Stunde - ich wurde immer ruhiger - hielt ich es für angebracht, etwas zu handeln. Immerhin hatte ich die Telefonnummer der lokalen Reisebetreuung. Einfach ins Hotel konnten wir ja nicht fahren, da wir wegen der Pauschalreise gar nicht wußten, in welches Hotel wir gehörten.

Um eine TeIefonnummer auszunützen braucht man ein öffentliches Telefon. Dieses war auch rasch gefunden, nur die brasilianischen funktionieren nicht mit Geldmünzen, sondern mit speziellen Telefonchips. Anrufen war also nicht. Ich brauchte jemand, der mir weiter hilft. Ich versuchte auf dem international Airport von Rio de Janeiro jemanden zu finden, der ausreichend englisch sprechen konnte, um uns zu helfen. Nichts.

Wie das Verhältnis von Glück zu Verstand so sei, möchte ich dahin gestellt lassen, Faktum ist, daß ich zu dieser Zeit relativ neu zufällig eine American Express Kreditkarte hatte, weil die Firma, bei der ich arbeitete, diese als Firmenkarte an Mitarbeiter ausgab, die des Öfteren beruflich im Ausland waren (Siehe Mehr Flüge als Wochen). Ebenso zufällig gab es auf diesem Flughafen eine American Express Longe. Birgit, deren Kreislauf nahe am Zusammenbrechen war, bewachte immer noch die Koffer, als ich sie zu dieser Entdeckung holte. Immerhin konnte sie in der Longe bequem sitzen, und es gab einmal jemand, der englisch sprach.

Der Mitarbeiter von AmEx bemühte sich ausgesprochen, und ich habe auch danach ein Dankesfax an AmEx geschickt, wo ich ihn ganz besonders hervorhob. Die Telefonnummer, die ich von unserem Reisebetreuer ìn Forteleza bekommen hatte, war natürlich falsch. Dieser Reisebetreuer aber so ziemlich unser einziger Anhaltspunkt, nur einfach nicht aufzufinden. Jedenfalls war er nicht in seinem Zimmer.

Der AmEx-Mitarbeiter forschte mit detektivischem Gespür über etliche Stellen und Zeitzonen nach, bis er jemand fand, der sich für uns verantwortliche fühlte. Diese Person konnte ihm auch mitteilen, in welchem Hotel wir untergebracht sind. Somit war die Situation im Prinzip gerettet. Daß das ganze über 2 ½ Stunden gedauert hat, nach einer Nacht, in der weder Birgit noch ich geschlafen haben, ist eine andere Sache. Der Mitarbeiter von American Express brachte uns noch zu einem Taxi-Stand, teilte dem Fahrer mit, wo er uns hinzubringen hatte, handelte mit ihm einen Preis aus, den er uns auch sagte, und sorgte dafür, daß uns der Fahrer eine Rechnung geben würde. Ich habe noch immer eine American Express-Karte, auch wenn sie zum Zahlen nicht so wirklich geeignet ist, aber so lange ich mehr als zwei internationale Reisen pro Jahr mache, behalte ich sie.

Im Hotel stellte ich fest, daß obiger guter Geist auch im Hotel interveniert, hatte, und dafür gesorgt hat, daß wir obwohl ziemlich in der Früh sofort ins Zimmer konnten. Wir fielen um und schliefen sofort. Irgendwann rief uns unsere lokale Reisebetreuung an und riet uns eine Edelsteinschleiferei zu besuchen, wir würden von der Schleiferei gratis hin und retour trgsportiert werden, und es sei sehr interessant. Am Nachmittag würde man sich mit uns im Hotel treffen.

Es stellte sich heraus, daß wir nach Unterlagen unserer Betreuer in Rio erst am Nachmittag eintreffen sollten. Wer den Fehler gemacht hat wird nie herauszufinden sein, aber eben diese lokalen Betreuer haben alles locker wett gemacht. Wir haben alles gesehen, was in Rio und Umgebung interessant ist, wurden dabei in einem etwas luxuriöseren amerikanischen Schlitten transportiert, waren am Zuckerhut, in einer Samba-Show (naja) und bei einem typischen brasilianischen Abendessen, wo die Kellner mit dem Essen spazieren gehen, und man einfach aufzeigt, wenn man etwas davon will. Das ist wirklich toll. Wahrscheinlich waren wir die einzigen Gäste zu dieser Zeit, aber wir wurden mit höchster Aufmerksamkeit mal vom Mann, mal von der Frau dieses Ehepaares betreut. Zum Flughafen hat uns der Sohn gebracht.

Zu diesem Zeitpunkt war mir schon aufgrund der Flugnummer klar, daß wir einen Flieger nehmen würden, der von Rio über Forteleza nach Wien fiegt. Was liegt daher näher, als schon bei unserem Check-In in Rio die Sitzplätze für das befreundete Ehepaar von Forteleza nach Wien vorzureservieren. Derartiges habe ich in Europa bei den unterschiedlichsten Fluglinien schon des öfteren gemacht.

Da ich von den Englischkenntnissen des Flughafenpersonals nicht mehr wirklich überzeugt war, habe ich dem Sohn unserer Betreuerfamilie, der perfektes Englisch sprach, erklärt, was ich will. Er hat es versucht, er hat sogar den Vorgesetzten kommen lassen, die Mitarbeiter der Fluglinie waren nicht in der Lage dazu. Das wunderte mich aber kurz nachher nicht mehr. Ich konnte auf den Bildschirm schauen, auf dem die Sitze des Fliegers dargestellt waren, und fragte den Mitarbeiter, wo vorne und hinten sei. Seine Antwort war falsch, weil vorne ist immer dort, wo die Reihen mit weniger Sitzen sind. Wer das nicht weiß wird wohl auch keine Sitze voreservieren können.

Der Zufall wollte es, daß das befreundete Ehepaar Sitze in der übernächsten Rehe vor uns bekamen, und durch einen einfachen Tausch saßen wir hintereinander. Wir hatten noch einen unterhaltsamen, wenn auch langen Rückflug nach Wien.

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23.08.2008 19:27