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Historisches

Mitte des 18. Jahrhunderts gab es einen ungarischen Adeligen, Graf Roman von Skievsky, der seiner Zeit weit voraus war. Er erkannte, was das beste war, das ein Mensch in seinem Leben tun konnte. Er erkannte, dass es das Lebensziel nicht in pompösen Luxus und großen Ländereien liegen konnte, ebenso wenig wie im bedingungslosem vollziehen irgendwelcher gesellschaftlichen oder religiösen Ritualen.

Graf Roman von Skievsky erkannte, das das höchste Ziel im Leben ganz einfach war. Das beste, was man tun kann ist, einen anderen Menschen glücklich zu machen. Ihm schien es auch wichtiger, weniger Menschen sehr glücklich zu machen, als viele ein bisschen, aber mit dieser Einschätzung war er sich nicht ganz so sicher.

Der Graf war auch davon überzeugt, dass es in jeder Weltordnung immer ein paar geben würde, die groß, reich und wichtig waren, und andere, auf deren Kosten diese Größe, dieser Reichtum und diese Wichtigkeit ausgetragen werden würde. Er hatte aber noch eine andere, wichtige Erkenntnis. Er erkannte, dass auch er ein Gefangener seiner Zeit war, und dass er nicht in der Lage war, mit großen, oder auffälligen Aktionen seine Welt zu einer besseren zu machen. Er musste daher einen Weg finden, wie er Menschen glücklich machen konnte, ohne in seiner gesellschaftlichen Schicht aufzufallen.

Damit waren alle Varianten von öffentlichen Spenden, egal ob Spital oder Armenküche ebenso ausgeschlossen, wie direkt sichtbare Verbesserungen für seine Untergebenen. Doch da gab es einen Helden aus dem fernen England, der es Graf von Skievsky angetan hat: Robin Hood.

Auch wenn der Graf ein Reicher war gefiel ihm die Idee, dass es jemanden gab, der von den Reichen nahm, den Armen gab, und diese damit glücklich machte. So könnte auch der Graf sein Ziel erreichen, doch für ihn kam noch etwas dazu: Es durfte niemand wissen, welche Rolle er da spielte.

Der Graf war stets auch sehr interessiert an den neuesten wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen. Er war überzeugt, dass sie zum Wohle der Menschheit eingesetzt werden könnten, und er war auch überzeugt, dass sie für sein Ziel eingesetzt werden könnten. Er wollte hiermit durch den Einsatz fortschrittlichster angewandter Wissenschaft und Technik von den Reichen stehlen, und den Armen geben, um Menschen glücklich zu machen. Es war im bewusst, dass er damit ein Krimineller werden würde.

Das Ziel war definiert, und auch ein Teil des Weges dort hin, doch der Graf merkte nur allzu bald, dass er allein nicht weit kommen würde. Allein die Beobachtung der neuesten Wissenschaften und technischen Entwicklungen kostete ihm so viel Zeit, dass er zur restlichen Umsetzung seines Planes nicht kam. Insbesondere, wenn er das ein oder andere noch erprobte, und seinen Anforderungen anpasste. Er merkte, dass er sich verbündete suchen musste.

Vorsichtig lotete er aus, welche Personen für sein Vorhaben wichtig wären, und welche auch die entsprechende Geisteshaltung und auch den entsprechenden Mut hatten, mit ihm gemeinsam an seinem Ziel zu arbeiten. Er fand solche Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten, und gründete einen Orden, den er entsprechend seines Vorbildes und Helden aus England den Robinus Orden nach Robin Hood nannte.

Eigentlich nannte er seine Vereinigung nur deshalb Orden, weil es damals halt üblich war, solche Gruppen bald mal als Orden zu bezeichnen. Er legte aber ganz deutlich Wert darauf, dass die Gruppe keinesfalls in irgendeiner gedanklichen oder religiösen Richtung eingeschränkt sein durfte. Sie war prinzipiell für jede gesellschaftliche Schicht und für jede religiöse Konfession offen. Und was mittlerweile selbstverständlich ist, damals aber noch extra revolutionär, dem Orden konnten Mann und Frau in gleicher Weise beitreten.

Je größer sein Orden wurde, und je mehr anfangs kleine Aktionen gelangen, desto deutlicher wurde dem Grafen bewusst, dass auch die interne Absicherung seiner Gruppe wichtig war. Ein einzelner Verräter in den eigenen Reihen durfte nicht die ganze Organisation gefährden können, nicht einmal er selbst.

Codenamen wurden für die Mitglieder eingeführt, und Kommunikationsstrukturen aufgebaut, bei denen nicht mehr jedes Mitglied jedes andere kennen musste. Ganz im Gegenteil wurde versucht, dass jeder einzelne nur möglichst wenige andere kennt. Sie sollten aber stets alle zur Verfügung stehen, wenn jemand die Hilfe anderer brauchte, zum Beispiel, weil er eine Methode oder Vorgangsweise benötigte, die er selbst nicht konnte. Wurde zum Beispiel ein Taschendieb benötigt, um an einen Schlüssel zu einer Schatzkammer zu kommen, so konnte er über den Orden gefunden werden.

Innerhalb dieser Ordensstrukturen entwickelte sich auch die typische Vorgangsweise für Projekte. Grundsätzlich konnte jedes Ordensmitglied eine dem Ordensideal entsprechende Idee haben und umsetzen. Er musste niemanden Fragen und konnte um Mithilfe anderer Bitten. Stellte sich im Nachhinein heraus, dass dieses Projekt doch nicht wirklich dem Orden entsprochen hat, so bekam der Urheber in Zukunft keine weitere Unterstützung. Dadurch regelte sich die Mitgliedschaft praktisch auch von selbst. Jeder konnte weitere Leute anwerben, und wenn sie entsprachen, waren sie auch weiterhin beim Orden.

Auch wenn in den Anfangsjahren die Aktivitäten des Ordens wirklich mehr im Bereich des Stehlens von Reichtümern und sinnvollem Wiederverteilen, wandelten sich die Methoden, mit denen das Ordensziel erreicht wurde. Immerhin war der Orden bereits fast über ganz Europa verteilt, aber so genau konnte man das nie sagen, weil keiner von allen Mitgliedern wusste, wo sie waren. Es wurde jetzt mehr Wert auf den Teil „um Menschen glücklich zu machen“ als auf den Teil „Nehmt von den Reichen und gebt es den Armen“ gelegt. Das galt ganz besonders für die Zeit des dritten Reiches.

Zu dieser Zeit, wo den Ordensmitgliedern als Teil einer kriminellen Organisation, und das ist sie bis heute, selbst sehr große Gefahr lauerte, richteten sie ihre Aktivitäten neu aus. Sie waren nach wie vor an der technologischen Spitze, sie hatten ihre Tradition nicht vergessen, und sie richteten ihre Energien darauf aus, vom Regime verfolgten zu helfen. und dabei konzentrierten sie sich besonders auf die Zusammenführung von Familien.

Die größten Leistungen, die der Orden zu dieser Zeit geliefert hat, lag in der Fälschung von Papieren aller Art und in der Organisation von Informationen. Gefälscht wurde vom Ariernachweis bis zur Fahrkarte für den Zug oder auch Bargeld in jeder brauchbaren Währung alles. Und die Informationen, die organisiert wurden, beschäftigten sich hauptsächlich damit, über welchen Weg wohin eine Flucht noch Erfolg versprechend sein konnte, und wo zusammengehörende Personen getrennt waren.

Die Ordensmitglieder waren aber auch zu dieser Zeit nach außen hin unauffällige Mitglieder der Gesellschaft.

Nach dem zweiten Weltkrieg war Geld, oder alles, was dem gleich kam, wieder ein sehr gutes Mittel, um Menschen glücklich zu machen, insbesondere, als jeder irgendwo einen ernstzunehmenden materiellen Mangel hatte. Außerdem entwickelte sich sehr rasch die Schicht der Reichen, die auf dem Rücken anderer ihr Wohlhaben aufbauten. Was hier neu dazu kam, war nicht mehr von reichen Personen oder Familien, sondern von Reichen Firmen und Organisationen zu stehlen, die durchaus selbst kriminell sein konnten.

Der nächste Wandel der Ausrichtung vollzog sich gegen Ende des 20. Jahrhunderts. Mittlerweile war es praktisch gesellschaftliche Verpflichtung, für die Armen zu spenden, um sich sein Gewissen freizukaufen. Jeder spendete, und in weihnachtlichen Aktionen wurden unglaubliche Summen aufgetrieben. Wieweit damit Menschen wirklich glücklicher wurden, wagten manche Mitglieder des Ordens zu bezweifeln.

Zu dieser Zeit, eigentlich ziemlich genau zur Jahrtausendwende, wurde ein neues Mitglied angeworben. Die Person ist durch Querdenken, und durch ausgesprochen hervorragendes Computer- und Netzwerk-Wissen, insbesondere im Bereich der Internet-Sicherheitseinrichtungen aufgefallen. Außerdem war sie sonst eher unauffällig, ein braver Familienvater mit Frau und Kindern, in einer eher führenden Position und einem gewissen Bekanntheitsgrad in seiner Branche.

Die Person wurde nach Prüfung in den Orden aufgenommen, und suchte sich den Codenamen Robinus Marxus aus.

Robinus heißen alle Mitglieder des Ordens, immerhin ist das ja auch der Ordensname, und der Neue benannte sich nicht Marxus nach Karl Marx, sondern nach den Marx-Brothers. Die sind für ihn ein gutes Beispiel, wie man sich mit Humor und Schmäh zwar in kritische Situationen hinein, aber auch wieder hinaus manövrieren kann.

Robinus Marxus ist überzeugt vom Ziel des Ordens, und ist auch bereit, sozusagen in einer zweiten Identität, für diese Ziele wirklich kriminell zu werden. Und das obwohl er besonders großen Wert darauf legen musste, für seine Familie weiterhin ein perfektes Umfeld zu haben. Seine Familie und seine gesellschaftliche Stellung sind ihm sehr wichtig.

Nun stand Robinus Marxus also vor der Herausforderung, sein erstes Projekt im Orden aufzuziehen. Nur warten, bis ihm wer anderer braucht, wollte er nicht, und außerdem, woher sollten die anderen wissen, wozu er gut ist, wenn er es nie zeigte. Und so entwickelte Marxus sein erstes Projekt, mit dem er auch gleich eine Tradition brach. Er machte eines, wo mal wieder Geld von den Reichen zu den Armen umverteilt wurde.

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23.08.2008 19:27