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Das Projekt

Robinus Marxus wollte einen Selbstläufer entwickeln. Es sollten regelmäßig möglichst viele, eher kleine Beträge von einem oder mehreren großen und multinationalen Konzernen abgezweigt, und nach verwischen aller Spuren mehreren karitativen Organisationen zugeführt werden. Nach der Initialzündung sollte Robinus Marxus unter anderem aus Selbstschutz nie wieder in das System eingreifen müssen. Es würde nicht in alle Ewigkeit halten, aber doch eine gewisse Zeit.

Marxus stellte sich vor, dass in die Computersysteme der großen Firmen, die er angreifen wollte, regelmäßige fixe Überweisungen eingeführt würden. So könnte es zum Beispiel weitere Mitarbeiter in der Buchhaltung geben, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Der Buchhaltung eines Multis würde das wahrscheinlich nie auffallen. Oder man könnte ein Mietobjekt erfinden, an dessen Besitzer regelmäßig Miete überwiesen wurde, oder vielleicht irgendwelche fixen Steuern und Abgaben. Allerdings sollten all diese fiktiven Gehälter, Mieten, Steuern und Abgaben letztendlich bei mehreren karitativen Organisationen landen.

All das konnte, wenn einmal eingerichtet, ohne Probleme automatisch weiter funktionieren. Die Computer würden schon die entsprechende Arbeit erledigen. Marxus müsste nicht wieder eingreifen.

Das ganze konnte durchaus funktionieren, allerdings waren noch ein paar Aspekte zu beachten. Das gesamte System musste grundsätzlich weiter funktionieren, auch wenn die eine oder andere falsche Transaktion auffallen würde. Daher konnten die Überweisungen nicht direkt an die daraus profitierende Organisation erfolgen. Sonst könnte auch viel zu leicht nachvollzogen werden, welch alle Überweisungen unberechtigt waren, und vielleicht würde die geprellte Firma dann die Beträge sogar zurückverlangen.

Das war zwar sehr unwahrscheinlich, weil die Firma dann zugeben müsste, dass sie geprellt wurde, und das macht sie aus Angst vor der Presse und der damit verbundenen Rufschädigung sicher nicht, aber wer weiß, was da sonst noch sein kann. Jedenfalls müssten die Geldflüsse möglichst gut verborgen werden, und wo das nicht möglich war, doch zumindest deutlich verwässert. Trotzdem darf kein Eingriff eines Menschen nötig sein.

Die einzige automatische Möglichkeit, Geldflüsse zu verbergen, ist das Geld über möglichst viele verschiedene Konten in möglichst vielen verschiedenen Länder zu transportieren, bevor es an seinem Ziel ankommt. Mit ein paar Konten in verschiedenen Ländern, und Internet-Banking-Zugriff darauf müsste das möglich sein. Man müsste halt ein paar Überweisungs- und Abbuchungsaufträge einrichten.

Noch schöner wäre es, wenn Verwendungszweck, Beträge und Überweisungstage möglichst variieren würden, nur das ist mit Bankcomputern relativ schwierig. So etwas wie Zufall scheinen Banken nicht sehr zu mögen. Jedenfalls kann man nicht eingeben, dass an irgendeinem Tag des Monats irgendein Betrag einer ungefähren Höhe an irgendeines einer Gruppe von Konten überwiesen wird. Aber vielleicht fand sich auch dafür noch eine Lösung.

Die zufälligen Überweisungen waren eine Fleisaufgabe, Robinus Marxus nahm sich zunächst einen Selbstläufer mit fixen Beträgen vor. Das würde als Erstlingsprojekt durchaus reichen.

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23.08.2008 19:27